17.08.2020 – Am Wochenende wurde der langjährige Vorsitzende und Commodore des Hamburger Segel-Club 80 Jahre alt. Der Vorstand, die Mitglieder und Freunde gratulieren herzlich. Ihm zu Ehren ein Portrait, erschienen im Float-Magazin.
Am Steuer fühlt er sich am wohlsten
Harald Baum war schon als Sechsjähriger Steuermann. Diese Erfahrung half ihm später als Yachtversicherer. Jetzt ist der Commodore des HSC und Pantaenius-Chef 80.
Wie wird man groß, also: So richtig groß? Indem man von klein auf bei einer Sache ganz groß einsteigt. Bei Harald Baum war es das Segeln. Der langjährige Chef des Yachtversicherers Pantaenius feierte am 15. August seinen 80. Geburtstag. Bereits mit sechs oder sieben Jahren stieg er ganz groß ein – als Steuermann auf dem Spitzgatter „Alibi” seines Vaters.
In schlechten Zeiten war es selbstverständlich, dass auch Kinder ihren Beitrag zum Überlebenskampf leisteten. Harald Baum war fünf, als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging. Seine Familie war mehrfach ausgebombt. Wie viele in der Hansestadt hungerten sie.

Harald mit Vater Erich © Pantaenius

Der Spitzgatter „Alibi” © Pantaenius
Mit Zigaretten nach Glückstadt
Doch „Opa Erich“, wie Haralds Vater in der Familie genannt wird, wusste sich zu helfen. Er hatte Zugang zu einer Währung, die nach dem Krieg begehrter war als Geld: Zigaretten. In den Ruinen der Städte blühte der Schwarzmarkt. Erich lud die Tabakwaren in seinen Spitzgatter und beförderte die Schmugglerware mit seinen Söhnen elbabwärts nach Glückstadt in Holstein.
Dort tauschte er die Zigaretten bei den Holsteiner Bauern gegen Fleisch und andere Lebensmittel ein. Mit der Schmuggelware, westlichen Winden und der Flut ging es zurück ins zerbombte Hamburg. Unterwegs war es selbstverständlich, dass auch der kleine Harald die Pinne und sogar ganze Wachen übernahm.
Das Boot kannte er ohnehin in- und auswendig: Seit dem Verlust der Bahrenfelder Wohnung hatte Familie Baum als Liveaboards wider Willen auf dem Spitzgatter gewohnt. Erst einige Jahre nach Kriegsende gingen sie wieder zurück an Land.
Maßgeschneiderte Versicherungen
So etwas prägt: Das Segeln wurde die große Leidenschaft des Hamburgers. Fortan drehte sich alles um das Leben auf dem Wasser. Bald hatte der Teenager eine eigene Jolle, sammelte Erfahrungen als Skipper, fuhr bei internationalen Regatten mit. Kaum verwunderlich, dass Harald Baum sich als junger Versicherungskaufmann bei Pantaenius gut in die Sorgen und Bedürfnisse der Segler einfühlen konnte – und ihnen bald ein maßgeschneidertes Produkt anbot.

Der junge Versicherungskaufmann © Pantaenius
Damals war Pantaenius, gegründet 1899 von Johann C. Pantaenius, noch ein reiner B2B-Makler, spezialisiert auf Transportversicherungen für Speditionen und Reedereien. Heute ist das Unternehmen europaweit Marktführer und weltweit einer der maßgeblichen Anbieter von Yachtversicherungen für Endkunden. Und Harald Baum wird 80 Jahre alt. Sein Lebenswerk kann sich sehen lassen: 50.000 Eigner in Deutschland und gut 100.000 weltweit versichern ihre Boote heute bei Pantaenius.
Angefangen hatte er 1963 in der ehrwürdigen Firma, schon drei Jahre später wurde er Juniorpartner. Noch einmal vier Jahre später übernahm der erst 30-jährige das Unternehmen. Da war die neue Zeit bei Pantaenius schon angebrochen. Buchstäblich der zündende Funke war für Harald Baum dann eine fatale Feuersbrunst.
Halle mit Holzbooten brennt ab
Das Aha-Erlebnis, so schildert es sein Sohn Daniel, hatte der Vater in den 1960er-Jahren bei einem dramatischen Unfall: An der Elbe brannte eine Lagerhalle ab – dabei gingen zahlreiche Holzboote seiner Seglerfreunde verloren. Die Regulierung wurde problematisch, denn die Versicherungen anerkannten nur einen Bruchteil des Wertes der oftmals 40 Jahre und älteren Yachten.
So entwickelte Harald Baum das Prinzip der „festen Taxe“: Versicherte Yachten sollten bei Totalverlust stets den vollen Schutz erhalten, unabhängig vom Alter. Er entwickelte eine Versicherung, für die er die Rückendeckung der Versicherungs-Partner von Pantaenius erhielt – angesichts seiner damals noch geringen Erfahrung und jungen Jahre ein beeindruckender Vertrauensbeweis.

Familienbande (v.l.): Undine, Sohn Martin, Harald und Tochter Anna Baum © Toni Momtschew
Tausend Verträge im ersten Jahr
An einem winzigen Stand, so schildert es Daniel Baum, präsentierten der Versicherungskaufmann und seine Ehefrau Undine 1969 auf der ersten Hanseboot das neue Produkt. Und es kam an: Schon nach einem Jahr hatte er tausend Verträge abgeschlossen, im Folgejahr waren es 5000. Der Markt schien nur auf Pantaenius gewartet zu haben.
Und Baum entwickelte seine Yachtversicherung mit den Anforderungen der wachsenden Seglerszene permanent weiter: So führte er ein, dass bei Verlust durch Feuer noch im Hafen die Selbstbeteiligung nicht angegriffen würde, weil diese Schäden zumeist vom Versicherungsnehmer nicht zu verantworten sind.
Auch kleine Boote sind willkommen
Auch die persönliche Ausrüstung von Skipper und Crew wurden in den Versicherungsschutz aufgenommen. Als weiteren Schritt zur Verbesserung des Produkts vollzog Pantaenius die Globalisierung lange vor anderen: Sein Versicherungsschutz deckte bald auch Schäden im Ausland ab – ideal für Fahrten- und Regatta-Segler.
Ein weiterer Erfolgsfaktor: „Harald hat auch kleine Boote versichert“ sagt Daniel Baum. In einer Zeit, als viele maritime Versicherer sich nur für vierstellige Prämien interessierten, schloss der junge Geschäftsmann sogar für Jollen Verträge ab.

Daniel, Martin, Harald und Anna Baum © Pantaenius
Der Picasso auf der Superyacht
Meilenstein auf Meilenstein folgte: Filialen wurden gegründet, Produkte erweitert, mit dem Marine Claim Service entstand ein eigenes Haverie-Kommissariat zur Aufdeckung von Versicherungsbetrug. Inzwischen steht der Name Pantaenius für ein weltweites Unternehmen, das von der Haftpflicht bis zur Charterversicherung ein ganzes Produktportfolio anbietet – mit 400 festen Mitarbeitern und einem weltweiten Netzwerk.
Vom Mastbruch bis zur Kollision ist jedes Missgeschick gedeckt. Gibt es etwas, das Pantaenius nicht versichern würde? Daniel Baum lacht. „Es muss eine Chance auf langfristige Laufzeit haben“, sagt Harald Baums Sohn. Bei der Taxierung hilft dem Unternehmen seine Erfahrung. Versichert wird alles – vom Open 60 bis zum Picasso an Bord einer Superyacht.

Harald Baum auf dem Raumgang vor der Atlantik-Dünung © Pantaenius
Die „Elan” ist sein Begleiter
Als Jugendlicher segelte Harald Baum mit einer selbst restaurierten O-Jolle. Mit 25 war er Co-Skipper und später auch Skipper auf dem Cruiserracer „Diana”.
Nach der Hochzeit mit seiner Frau Undine kauften sie sich 1973 eine Swan 44, die erste „Elan”. Die Familie unternahm mit diesem Schiff einige Reisen in die Karibik und nahm auch an verschiedenen Regatten in Newport und Bermuda teil. Mit diesem Schiff wurde auch eine Europa-Meisterschaft der Swans mit 80 teilnehmenden Yachten gewonnen.
1989 wurde die Familie Eigner einer Swan 48, dem Traumschiff von Harald Baum, seiner zweiten „Elan”. Seit dem ist er neben der Nordseewoche auf vielen Elb- und Ostseeregatten zuhause, regelmäßig auch auf der Flensburger Herbstwoche und immer vorn dabei. Die Regatta Rund Skagen erkor er zu seiner Lieblingsroute, 1973 stellte er mit der Diana den Geschwindigkeitrekord mit 55 Stunden (+ 1 Minute) auf, der 27 Jahre ungebrochen bleiben sollte. Für Rund Skagen sollte Pantaenius 1994 auch das Patronat übernehmen – der Kreis schließt sich.

Harald Baum vor dem Pantaenius Haus in der Hafencity © Andreas Lindlahr
Grüne Tonne auf Gegenkurs
Auch der Gründer selbst genoss stets den Schutz der Pantaenius-Produkte – „woanders wäre er längst ‘rausgeflogen“, scherzt ein enger Mitarbeiter über von Baums Schadenquote. Dass auch einem Vollblutsegler Fehler unterlaufen können, erinnert sich sein Sohn Daniel an einen Familientörn mit der Yacht „Elan“, einer Swan 48: „Harald steuerte sein Schiff durch das Nebenfahrwasser nach Glückstadt, und kurz vorm Einlaufen meinten wir, da gäbe es noch irgendwo ein Tonnenpaar.
Harald sagte, er kenne die Elbe seit seinen Kindertagen und wir bräuchten ihm nichts zu erzählen als es schon krachte: versteckt hinter der Genua hatte sich einfach eine grüne Fahrwassertonne in den Weg gelegt!“
Wer den Schaden und die bunte Schleifspur für alle sichtbar am Rumpf hat, braucht für den Spott bekanntlich nicht zu sorgen. „Wir haben gelacht: Klar, in Deiner Kindheit gab’s die Tonne ja noch nicht“, sagt Daniel Baum. Und leitet über zu dem Fazit: Schäden kommen halt vor, Hauptsache gut versichert…

Harald Baum am Ruder der Elan rund Skagen © Hinnerk Bodendieck
Hinnerk Bodendieck, der kreative Kopf von Pantaenius und Vertrauter des Unternehmers, hat ihn so verewigt, wie Familie und Freunde ihn zumeist erleben: am Steuer. Dort fühlt sich Harald Baum stets am wohlsten – an Land wie auf See.
Sein Segelverein ist allerdings direkt an der Alster: Harald Baum war langjähriger Erster Vorsitzender des Hamburger Segel-Clubs und ist seit ein paar Jahren der Commodore.
Lifetime Award der Offshore-Segler
Vor zwei Jahren hat sich der umtriebige Unternehmer aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und Pantaenius an seine Kinder Anna, Daniel und Martin Baum übergeben. Dennoch bleibt Harald Baum dem Haus auch mit 80 Jahren eng verbunden und ist nahezu täglich in seinem Büro im Pantaenius-Haus in der Hamburger Hafencity anzutreffen.
Für sein unternehmerisches Lebenswert erhielt der Patriarch 2018 den Ehrenpreis Familienunternehmer des Jahres vom Verband der Familienunternehmer. Sein seglerisches Lebenswerk wurde erst kürzlich mit dem Lifetime Award der German Offshore Owners Association geehrt.

Harald Baum erhält den Lifetime Award der German Offshore Owners Association © Pantaenius
Geschrieben von Roland Wildberg, erschienen im Float-Magazin, mit kleinen Ergänzungen durch Pepe-Hartmann.
Titelfoto: Andreas Lindlahr
Wir danken dem Float-Magazin für die freundliche Unterstützung