KÄNGURUH MIT „GIPSY“

12.09.2019 – Bericht eines Teilnehmers: Mittwoch vormittag, Sonne, ein guter 3er Wind – ideales Känguruh-Wetter.  Also verabrede ich mich mit meiner Tochter und freue mich auf eine schöne Regatta. Dann klingelt um drei das Handy: „Papa, es soll regnen, ohne mich……“ Gut denke ich, sie hat recht, bei Regen, das muss nicht sein. Abgehakt.

Gegen fünf kommt tatsächlich Regen, warmer Regen und Wind, reichlich davon, inzwischen in Böen 4+. Ich besinne mich auf alte Zeiten und darauf, dass ich nicht aus Zucker bin und außerdem nagelneues MPX-Gear im Schrank hängt. Also doch Känguruh, mit Tarek, unserem FSJler. Der ist zwar (noch) kein Segler, aber Pirat ohne Spi, das müsste er hinkriegen, so auf Ansage. Beschlossene Sache, wir „trainieren“ noch eine halbe Stunde und dann auf in den Kampf, ein guter Mittelfeldplatz sollte drin sein.

Tarek ist supernervös – Mann, seine zweite Regatta überhaupt! Er stellt lauter Fragen (gute Fragen!) und bewegt sich geschickt im Boot. Ich jage ihn von links nach rechts (3…2…1…Wende!) und von vorn nach hinten. Cunningham dicht, Beiholer Fock einstellen, Vorstag durchsetzen, Baumniederholer dicht, Unterliek dichter, Schwert rauf (und wieder runter!), hängen, mehr hängen, Leetrimm, Fock ausbaumen. Ich wundere mich selbst, was auf einem simplen Piraten doch so alles zu tun ist für den Schotten……

„Gipsy“ in der Starvorbereitung – im Hintergrund lauert „Frida“

Tarek macht das wirklich toll, er ist sehr athletisch, verfügt über eine enorme Körperspannung und kann auch gut an Schnüren ziehen. Kein Wunder – Footballer eben. Nur die Routineverrichtungen, die können ja noch nicht klappen und so ist unser Rennen ein Dauergespräch. Aber Tarek lernt schnell und bringt seine 67,2 kg auf Verlangen ganz weit nach Luv (siehe dazu auch das Titelfoto)!

Dann der Start (bei Null und mal keine Zeitstrafe). Mangels anderer „YS121er“ kommen wir ungestört weg – aber die Startkreuz geht erstmal in die Hose. Der Wind ist auf laue 2 zurück gegangen und wir kriegen gefühlt jeden Dreher auf den Kopp. Viel zu viele, teure Wenden. Mist, wo sind die Böen, ich spüre, dass wir gerade das Rennen versieben. Die beiden tiefen Raumgänge laufen schon besser, Schwert hoch, Luvkrängung, Schmetterling – fühlt sich schnell an. Ist es wohl auch, denn der blaue Aldag-Conger kommt achteraus wieder außer Sicht und die Seezunge haben wir auch zu fassen.

„Frida“ ist durch – hilft nix

Auf der nächsten Kreuz stimmt der Wind wieder, wir erwischen den langen Schlag zum Holzdamm gut und powern mit zwei Wenden zum Fass. Allerdings gilt das leider auch für unseren Vorsitzenden mit seiner „Frida“. Ich kann schon die Gesichtszüge von Daniel und Jan erkennen. Das wird nicht reichen.

Auf dem Weg zur Rabenstraße noch gut dran

Der lange Vormwinder zur Eins läuft gut……leider auch für „Frida“. Wir segeln beide schön nach den Böen, aber es reicht nie ganz zum Gleiten. An der Eins ist „Frida“ an unserem Heck. Auf dem spitzen Anlieger zur Lohmühle gibt es kein Halten und Matchrace-Ambitionen machen keinen Sinn, wo noch ein Drittel der Distanz vor uns liegt. Also lassen wir die Elb-H-Jolle kampflos in Lee durchrauschen.

Jetzt der Anlieger mit geschrickten Schoten zur Rabenstrasse. Wir bleiben erstaunlich gut dran, aber Dirk kommt stark auf mit seiner sauschnellen M-Jolle. Auf dem anschliessenden, kurzen Vormwindkurs zieht er mit seinem Riesenspi vorbei, aber wir kommen beide Daniel wieder näher…..der ist zu weit nach links gefahren und bohrt nun in der Landabdeckung rum. Auch der weiße Zugvogel hat sich – von mir unbemerkt – angeschlichen und rundet die 6 knapp hinter uns an vierter Stelle. Was für eine gigantische Genua der hat!

Weit und breit kein Fünfter zu sehen – also jetzt Umschalten in den Matchrace-Modus, Sekt oder Selters. Ich nehme Gas weg und setze uns direkt vor den weißen Riesen. Er versucht es in Lee, er versucht es in Luv – keine Chance, wir decken bzw. klemmen ihn ab. Bei jeder Bö springen wir schneller an und ich muss Fahrt rausnehmen, damit er keine Möglichkeit bekommt, seitlich zu entwischen und dann mit ungestörtem Wind vorbeizuziehen. Wir sind hochkonzentriert und runden die Zwei tatsächlich immer noch an dritter Stelle!

Geschafft – Zweiter!

Er wendet gleich nach der Tonne nach rechts. Zum Covern sind unsere Wenden noch zu schlecht, also ziehen wir den Bb-Schlag bis kurz vors Ufer durch und hoffen auf den Linksdreher unterm HSC – und der kommt! Wir wenden, können den mit Wegerecht heran rauschenden Zugvogel knapp vor dem Bug kreuzen und gehen noch einmal mit Richtung Steg – Dritter! Wer hätte das gedacht.

Abklatschen, Vorschoter loben, Adrenalin runter fahren, Anlegen, Bier holen. Eine tolle Wettfahrt. Ich bin spontan ein bisschen traurig, dass Elke nicht mehr erleben kann, wie schnell ihr geliebtes Boot ist….. Dass wir am Ende wegen Dirk’s Frühstart (20%) sogar noch auf Rang 2 rutschen, rundet den Abend ab. Känguruh macht Spaß!

Ergebnisse hier.

Text: Andreas Borrink, Fotos: Karin Krugler-Felsch, Hanno Ammermann