24.08.2018 – Ein wunderbarer Artikel von Carsten Kemmling bei segelreporter.com. „Eisenhart. Nirgendwo auf der Welt würde wohl bei solchen Bedingungen versucht werden, ein Wettrennen zu segeln. Aber es gibt einen Ruf zu verteidigen.
Kann sich jemand erinnern, wann die Känguruh-Regatta beim HSC einmal nicht stattgefunden hat? Wohl irgendwann, als es mal zu sehr geblasen hat. Wegen Sicherheitsbedenken. Aber Flaute? Wer braucht schon Wind zum Segeln. Dieses Wettrennen wird nicht gestoppt.
Kann es überhaupt weniger Wind geben? Irgendwas bewegt sich doch immer in der Luft. Aber an diesem Tag irgendwie nicht. Es kümmert niemanden. Nicht den Wettfahrtleiter, nicht die Segler. Es ist einfach ein Muss. Mittwochs wird die Tonne mit dem gelben boxenden Känguru auf der grünen Flagge vor dem Steg des Hamburger Segel-Club verankert, und dann wird eben Mittwochsregatta gesegelt.
Irgendwie alles, was schwimmt auf der Alster und sich vom Wind antreiben lässt, treibt herum. Yngling, Varianta, Conger, Dehler 18, Sharpie, Monarch oder sogar ein 5,5er. 77 Boote gehen auch an diesem Mittwoch über die Startlinie. Insgesamt waren in diesem Jahr schon 197 Schiffe mindestens einmal in der Wertung. Es ist unglaublich.
Und niemand scheint etwas komisch daran zu finden, dass absolut kein Windhauch geht. Anderswo würde heftigst auf die Decks geklopft, “Abbruch” gerufen, den Wettfahrtleiter bepöbelt oder gestreikt und einfach geschlossen in den Hafen abgedreht. Hier hockt man zusammengekauert in Lee, versucht irgendwo einen Luftzug zu erhaschen, dem man sich ohnehin nicht aktiv entgegen bewegen kann oder meckert über die leichten Jollen, die sich eher weniger regelgerecht durch eine gewisse Bootsbewegung selber den Wind zufächeln können.
Hin und wieder wabert ein angenehm zischendes Geräusch über den See. Dosenbier bekommt Sauerstoff zugeführt. Einige interpretieren diesen Segelausflug dann doch etwas lockerer. Oder es schäumt an der Tonne, wenn die Seezunge mal ordentlich mit dem riesigen Ruder schlägt.
Vorsichtiges Gelächter hängt in der Luft, als ein Alsterdampfer-Kapitän hupend den Weg durch das bewegungsunfähige Feld der Boote bahnen will. Es soll wohl eine Aufforderung zum Ausweichen sein. Sehr witzig…
Etwa eineinhalb Stunden dauert die immerhin verkürzte halbe Runde über die Alster. Und wieder gibt es am Ende eine Ergebnisliste. 58 Boote kommen ins Ziel, wir werden mit einer J/70 26. Klassenkollege Johannes Bahnsen gewinnt. Irgendwo muss sich die Luft doch etwas mehr bewegt haben als anderswo.
Es bleibt ein schöner, romantischer Sonnenuntergang. Das Bier am HSC-Steg läuft in Strömen, der Grill auf Hochtouren und der Tag klingt entspannt beim Talk mit Segelfreunden aus. Wind wird manchmal einfach überbewertet.“
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Artikel von Carsten Kemmling/segelreporter.com, Fotos: WD und Pepe Hartmann