RUBIX GEWINNT hanseboot RUND BORNHOLM

Doublehanded Rund Bornholm – Glücklich, aber müde!

Montag um 16:01 ging es nur zu zweit und pünktlich mit einer Minute Verspätung über die Startlinie an der Mittelmole auf die Reise Rund Bornholm. Wir hatten uns bei kräftigem Westwind doch noch für die überlappende Genua entschieden, doch da diese zu zweit mit knapp 50 weiteren Schiffen nicht so einfach zu handeln ist, verlief der Start dann doch etwas passiv … Bei 270sm hat man jedoch viel Zeit, Verlorenes wieder herauszusegeln.

Zunächst ging es mit Genua und Außenschot auf einen rasanten Ritt gen Darsser Ort. Zwischenzeitlich führten wir sogar das Feld an (die Großen starten ja etwas später) und es ergab sich ein schönes, für die kleine RubiX jedoch eher ungewohntes Bild. Kurz vor Darsser Ort dann die erste Generalprobe für unsere Doublehanded-Seemannschaft, als wir bei spitzerem Wind den großen Spi zogen, doch es lief sogar glatter als erwartet. Anschließend begann der lange Schlag über Arkona gen Bornholm und die langwierige Diskussion, ob wir nun zunächst nach Hammerodde im Norden oder Dueodde im Süden fahren: Hammerodde bot die Möglichkeit, bei einem spitzen Spi schnell um Bornholm zu sein. Dueodde versprach 88sm tiefes Pressen, dafür war die Flautengefahr am kommenden Dienstag geringer. Nach längerer Diskussion wählten wir dann doch den Spatz in der Hand und glitschten gen Hammerodde los: Wir segeltem im 4-4-System und es war ein berauschendes Gefühl, nachts alleine mit dem Spi und bis zu 14,5kn raumschots die Wellen runterzuglitschen. Frühmorgens wurde dann Bornholm gesichtet und wir begannen im Wellenschatten die Insel zu runden. Erst kurz vor Svanecke begegneten uns Schiffe, die die andere Richtung gewählt hatten, was uns in unserer Entscheidung bestätigte. Vom Spi hatten wir mittlerweile auf die G1 gewechselt und wurden dann vom strammen Westwind sogar noch auf die G3 und zum Reffen gezwungen.

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Die Motivation brach dann jedoch spontan ein, als sich südlich von Dueodde die Flaute breit machte. Bereits vor zwei Jahren dümpelten wir in der alten Welle mit Blick auf Bornholm bei Flaute und verfolgten im Tracker, wie man nördlich der Insel noch eine nette Brise hatte: es folgten also sehr enervierende Stunden. Thermik war unter Land nicht zu erwarten und so schleppten wir uns mit einem knappen Knoten und schlagenden Segeln auf Südkurs dem schwachen Gradienten entgegen. Nach guten zwei Stunden erreichte uns langsam der Ostwind und bei leichter Brise zogen wir unter Spi mehr oder weniger direkt gen Arkona.

Für die Nacht warteten wir nun auf die Front mit einem 180º Dreher und den gefürchteten 30-35kn. Im pechschwarzen Dunkel näherten wir uns dem Sturm bei leichter Brise und durften gegen Mitternacht über Rügen die ersten aufziehenden Gewitter beobachten: Genau das, was sich mittlerweile sehr übermüdete Segler wünschten. In der Flaute wurde rasch der Spi verpackt und noch leichten Südwind schon die G3 gezogen: Ein Fehler, wie sich später heraus stellte. Statt des angekündigten, rasch zunehmenden Windes ging es noch für einige Stunden gemütlich weiter, sodass wir noch einmal gezwungen waren das Vorsegel zu wechseln. Zu zweit eine der unbeliebtesten Aufgaben, denn ohne Hilfe eine überlappende Genua auf dem Vorschiff zu legen und in einen Sack zu verpacken, ist dann doch nicht in zwei Minuten getan.

Dankenswerterweise hatte sich aber zumindest die Gewitterzelle aufgelöst, so genossen wir unsere Fahrt gen Arkona wieder etwas mehr. Ein letztes Mal ein paar Minuten Schlaf, bevor uns gegen 4 Uhr früh Höhe Arkona der Westwind erreichte. Schnell wieder die G3 gesetzt und das Groß gerefft und auf ging ein nicht endenwollender Ritt gegen Wind und 2m Welle. Vor Darsser Ort schaukelte sich der Wind noch weiter hoch, wir schlugen mehr schräg durch die Wellen als voranzufahren. Eine Wechsel auf die G4 erschien aufgrund der Welle und unseres Müdigkeitsstatus doch etwas sehr riskant und so zogen wir das Achterstag bis zum Anschlag und nutzten zum ersten Mal in unserer RubiX-Geschichte das zweite Reff (welches wir glücklicherweise 2 Tage zuvor überhaupt erst einmal angebaut haben). Wir hofften, mit der G3 noch um den Darss zu kommen und mit Anlieger gen Warnemünde.

Die Hoffnung war leider trügerisch, denn in der Mecklenburger Bucht zog mittlerweile eine Schauerbö nach der anderen über die See und peitschte die Wellen weiter auf. Kurz vor der Kadetrinne wollten wir vor einer Böe wegwenden und nun geschah das, was nach gut 45 Stunden keine übermüdete Doublehanded-Crew braucht: Mit einem krachenden Schlag verabschiedete sich die G3 in der Wende aus dem Profilvorstag und plötzlich hatten wir mitten in der Böe ein fliegendes Vorsegel gesetzt. Verzweifelt versuchten wir allein vom Vorschiff aus das schlagende Segel zu bergen, während wir hinten nur mit zweitem Reff irgendwie denn Wellen Herr werden mussten. Irgendwie schafften wir es, die Genau mit letzter Kraft über die gesamte Länge des Schiffs aus dem Wasser wieder ins Boot zu holen und provisorisch am Seezaun in Lee am Seezaun zu befestigen. Um sie ganz aus dem Wasser zu holen, versuchten wir zu wenden. Bei der Welle und nur unter Groß bedarf es jedoch drei Versuchen. Anschließend wanderte das Segel nun irgendwie inkl. Latten in die Toilette, was diese erstaunlicherweise recht gut überlebte. Wir holten als letztes verbleibendes Segel die G4 aus der Kajüte und ballerten weiter mit um die 7kn gen Warnemünde.

Nun waren wir beide nicht nur übermüdet, sondern auch klatschnass. Die nächsten drei Stunden waren dann eher ein Kampf gegen die finale Erschöpfung. Kurz vor Warnemünde kam dann doch noch einmal Regatta-feeling auf, als wir uns auf der Rückseite jeder Schauerbö weiter und weiter gen Luv zogen. Kurz vor der Einfahrt in den Seekanal zeigte eine letzte Wolke noch einmal ihr ganzes Potenzial und trieb uns mit voller Kraft das letzte Kabel die Warnow hoch. Nach nicht einmal 50 Stunden überquerten wir um kurz vor 18:00 dann endlich einsam die Ziellinie. Das wir in diesem Moment sogar erstes Schiff unserer Klasse waren, war uns in diesem Moment nicht bewusst und  auch ziemlich egal, wir waren nur froh, es geschafft zu haben.

Die eigentliche Zitterpartie begann dann jedoch an Land: Erst dort erfuhren wir, dass eine Vielzahl von Schiffen aufgrund der Wettervorhersage gar nicht erst antraten. Auch gaben mehrere Schiffe auf. Die Konkurrenz  in unserer Gruppe schrumpfte in sich zusammen. Ein Blick auf den Tracker zeigte, dass wir uns eigentlich nur noch um einen Konkurrenten Sorgen machen mussten. Wir rechneten hin und her und während wir bei Anlegebier und Erbsensuppe uns daran erfreuten, dass wir es geschafft hatten, hörten wir doch mit einem Ohr immer klammheimlich nach der Zieltröte: 2 Stunden und 43 Minuten mussten wir ihnen mindestens abnehmen und der Blick auf den Tracker zeigte immer noch: too close to call. Gegen Viertel vor Neun hörten wir das Horn schallen und es war verdammt eng. Ein rascher Gang zum Raceoffice und einen Taschenrechner später waren wir uns sicher: Mit berechneten 5 Minuten Vorsprung hat es gereicht … und das sogar ohne Doublehanded-Handicap!

©Pepe-Hartmann-0113

 

Wir hatten Rund Bornholm ORC3 gewonnen – und das Doublehanded auch!

Hans-Christoph Burmeister und Martin Freising