20.08.2019 – Die 6 mR-WM fand Anfang August im finnischen Hanko statt. Mit dabei die über 60 Jahre alte „Hankø III“, USA 96, von Dr. Thomas Kuhmann (BYC) und seiner Crew Mitja Meyer (NRV), David Heitzig (NRV), Lars Malte Kallauch (BSC) und Lennart Grambow (HSC). Sie belegte unter den Classics trotz Mastbruchs, mühseliger Ersatzbeschaffung und Nachtschicht den 7. Rang und wurde damit beste deutsche Yacht unter den 32 teilnehmenden Schiffen. Die nächstbeste Yacht aus Deutschland, die „Lillevi“ (Gunnar Bahr, VSaW), kam auf Platz 15. Es gewann überlegen SKH Juan-Carlos von Spanien (Taktiker: Ross Macdonald) mit seiner „Bribon Gallant“ und drei Tagessiegen.
Aber von vorn.
Mit der Anreise nach Hanko am Dienstag, dem 30.7. war der Plan am nächsten Tag noch ein paar kleine, schnell zu erledigende, Optimierungen vorzunehmen und gegen Abend das erste Mal auf dem Wasser zu sein. Es hieß neue Displays zu montieren und neue Genua- und Spischotenzu spleißen. Wie es dann immer so kommt, wuchs die Liste immer weiter und es konnte auch am Folgetag dank der Baustellen nicht gesegelt werden. Dafür wurden allerdings spontan die Backstagen optimiert, es gab einen neuen Kicker, die Winschen wurden demontiert und gereinigt, Patches geklebt etc.
Nach erfolgreicher Vermessung ging es dann am 1. August zusammen mit „Lillevi“ das erste Mal aufs Wasser, um das Revier etwas kennenzulernen. Am nächsten Tag begann dann die Tune Up Serie. Nach einem zufriedenstellenden 8. Platz in der ersten Wettfahrt brach dann auch der Wind zusammen. Nach zwei Stunden Warten ließen wir uns mit einigen anderen Booten dann in den Hafen schleppen, um die zweite Wettfahrt von ursprünglich drei geplanten Wettfahrten am Tag dann wider Erwarten doch zu verpassen. Das letzte Rennen der Tune Up Serie beendeten wir am Folgetag dann noch erfolgreich mit einem Tagessieg, wodurch wir insgesamt auf dem 12. landeten.
Am Montag, den 5.8. ging dann die eigentliche WM los. Nach zwei guten Starts am Pin-End beendeten wir den Auftakt mit den Plätzen 4 & 5. Aufgrund der ungünstig stehenden Welle entschieden wir uns nach diesem Rennen das erste Stück Richtung Hafen zu segeln und uns nicht wie sonst vom Motorboot mitnehmen zu lassen bevor wir dann zwischen den Schären wieder in den Schlepp gehen. Nach einem kurzen Durchschnaufen und einer Runde wohlverdienten Sherrys zogen wir die Genua wieder raus und machten uns voller Vorfreude auf ein Dinner mit einer lokalen Familie auf den Weg in den Hafen. So ein Dinner findet bei den 6mR bei allen großen Events statt, um den Kontakt zu den Anwohnern herzustellen und den Seglern lokale Gepflogenheiten aufzuzeigen.
Nach ein paar Minuten brach allerdings in Luv das Terminal vom Oberwant und der Mast folgte auf Höhe der Saling. Mit so einem Auftakt hat absolut niemand der Anwesenden gerechnet. Den Tag kaum über 16kn Wind und die Terminals erst im Juni ausgetauscht.
Zurück im Hafen machten sich alle direkt daran die Schäden zu begutachten und die Reste vom Mast an Land zu tragen. Nebenbei wurde ausgelotet welche Möglichkeiten bestanden, um möglichst noch einmal wieder aufs Wasser zu kommen. Der lokale Rigger schloss eine Schäftung vor Ort direkt aus, wobei andere Helfende vorschlugen, das 5mm Alu-Riffelblech vor der Tür des Hafenmeisters für eine eigene Schäftung umzufunktionieren. Dies traf bei uns nicht wirklich auf Begeisterung. Obwohl einige Teams einen Ersatzmast vor Ort hatten, war es nicht möglich einen passenden Mast zu finden. Die Rettung folgte am frühen Abend als uns die Nachricht erreichte, dass die annähernd baugleiche „Astree III“ einen pensionierten Mast irgendwo auf einer Werft nahe Helsinki liegen hat und versucht einen Transport nach Hanko zu organisieren.
Vier Stunden später erreichte uns gegen 22.30Uhr ein LKW mit drei Masten, zwei Bäumen und einem Spibaum. Wir brachen unser Dinner ab und machten uns sofort auf in den Hafen um den Mast zu begutachten, ob wir ihn überhaupt nutzen können. Nach einer kurzen Analyse machten wir uns sogleich an die Arbeit unseren „neuen“ Mast von 1959 mit Holzsalingen segelfertig zu bekommen. Hierzu gehörte das Abflexen und Anpassen des alten Mastfußes sowie das Entfernen von Klampen und anderen alten Teilen die wir nicht brauchten. Außerdem musste das Großsegel auf einem kleinen Stück genäht werden. Gegen 2:30Uhr packten wir dann zusammen, um noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen.
Nach grob 3h Schlaf trafen wir pünktlich um 6:30Uhr wieder im Hafen ein um den Mast zu stellen. Problem hierbei war, dass der Hafen weder Kran, noch Mastenkran hat. Als Folge nutzen wir die Spifallen der beiden benachbarten Boote, nur um dann festzustellen, dass die Wanten gute 5cm zu kurz sind und unser Vorstag ganze 20cm. Für die Wanten konnte uns der örtliche Rigger mit längeren Terminals und einem Zwischenstück aushelfen. Für das Vorstag musste allerdings Dyneema dazwischen geknotet werden. Der Start zur 3. Wettfahrt der Serie war für 11Uhr geplant und das allgemeine Auslaufen begann immer gegen 9:30Uhr. Um 9:20 kam dann die Entscheidung, dass wir es probieren werden. Im Schlepp nach draußen zogen wir erstmals das Großsegel hoch und waren sehr erleichtert, dass der Mast gerade eben lang genug war es komplett hochzuziehen. Auch die Genua passte, obwohl wir das Furlingsystem nicht mehr nutzen konnten und den untersten Stagreiter lose hängen lassen mussten. Ohne auch nur einmal hoch an Wind gegangen zu sein ging es dann schon los für die nächste Wettfahrt. Wir hatten nur ein Ziel: Frei in Lee starten um ungestört zu gucken wie das Boot überhaupt fährt. Keiner an Bord hatte eine genaue Ahnung wie hoch am Wind wir fahren können und wie wir den Mast passend zu Boot und Segel trimmen, geschweige denn wie der Mast biegt. Zum Glück war relativ wenig Wind wodurch wir uns zumindest etwas langsamer an den neuen Mast gewöhnen konnten. Auf die Luvtonne zukommend kamen dann auf einmal mehrfach Nachfragen unseres Skippers wo und wie viele Boote denn um uns herum sind.
Autor Lennart Grambow auf dem Vorschiff
Angemerkt an dieser Stelle: Bei 10,8m Schiffslänge und 6,5m Unterliek der Genua ist das Sichtfeld durchaus eingeschränkt. Auch auf den vorderen beiden Positionen im Boot bekommt man nur sehr wenig mit, da an der Kreuz nicht auf der Kante, sondern im Rumpf an der Bordwand gesessen wird.
Long story short: Es gab niemand anderen an der Luvtonne. Wir waren erster und wurden von naheliegenden Motorbooten und Konkurrenten bejubelt. Das Rennen beendeten wir dann allerdings als 9. Ob es an mangelnder Konzentration, zwei falsch gesetzten Halsen oder aber am Mast lag wird man wohl nie erfahren. Die zweite Wettfahrt am Tag beendeten wir mit einem 11. Platz was uns in der Gesamtwertung auf den 7. abrutschen lies. Nach einem kurzen Abendessen hieß es dann Schlaf vom Vortag nachzuholen. Am dritten der vier geplanten Tage segelten wir noch einen 7. und mit dem 18. unseren Streicher – weiterhin auf Platz 7 mit einem recht komfortablem Abstand nach hinten. Die einen schon in Gin Tonic Laune, erreichte uns noch ein Protest aufgrund einer zu engen Tonnenrundung.
Nach einer halbstündigen Protestverhandlung kam es dann zu der Entscheidung, dass es keine Berührung zwischen den Booten gab (es waren ca. 0,5-1m Abstand… was bei dem Wind und der Bootsgröße definitiv weniger war als einigen lieb ist) und auch das finnische Boot die Tonne wegen uns nicht berührt hat, wodurch keine Regeln gebrochen wurden.
Der letzte angesetzte Tag wurde mangels Wind nach einem abgebrochen Rennen verfrüht beendet und die beiden verbleibenden Rennen auf den Reservetag verschoben. Aber auch dieser wurde dann am frühen Mittag direkt an Land abgeschossen.
Bei den Classics bestätigte SKH Juan Carlos von Spanien als derzeitiger Europameister seine Extraklasse nun auch zum 2. Mal als Weltmeister, gefolgt von den finnischen Yachten Djinn und Astree III.
Bei den Moderns (Open Class) ließ sich Philippe Dürr vom Genfer See mit „Junior“ jeweils bei Punktgleichheit den Sieg vor dem portugiesischen Boot „Selim“ und „Sophie Racing“, Schweiz /Schweden, nicht nehmen.
Insgesamt war es ein toll organisiertes Event mit wechselnden Winden von schwach bis stark. Wunderbares, trockenes Skandinavisches Wetter mit fast 50 Booten in zwei Klassen, und die Überzeugung aller Teilnehmer, dass Sechsersegeln „one of the most beautiful things in the world“ ist….! Nächstes Jahr ist dann wieder eine EM, in Sanxenxo, an der spanischen Atlantikküste.
Die Mannschaft „Hankø III“, in der Mitte Autor Lennart Grambow
Ergebnisse Worlds tune up:
https://www.manage2sail.com/en-US/event/38785454-0c6f-4e28-8a0f-e91c2e4c5bf3#!/results?classId=e43e399b-fb40-463f-9bcf-ea473c64768d
Ergebnisse WM:
https://www.manage2sail.com/en-US/event/706e2465-d83a-4b8a-be59-3480a5929224#!/results?classId=6466c1c4-482e-48e8-a8b0-27b989a7ab5a
Bilder und Videos:
https://sailpix.fi/6mr-worlds-2019/
Text: Lennart Grambow
Fotos: Sailpix.fi