Kurz vor Ende der Serie aus insgesamt acht Rennen in unterschiedlichen Bootsklassen sah es noch nicht nach einem Sieg aus, aber mit einem fehlerfreien Medalrace konnte ich haarscharf die Deutsche Meisterschaft im eSailing 2023 zurück in den HSC holen.

Von Johannes Bahnsen

Was war passiert?

Die Meisterschaft wurde 2023 wie seit 2020 in einer Regattaserie ausgesegelt (2019 wurde noch der Ranglistenerste zum Meister erklärt).

Qualifiziert hatten sich die 100 besten Spieler der deutschen Rangliste für diese Serie, die an einem Sonntagabend ausgesegelt wurde. Der große Vorteil des eSailings ist ja, dass man auch körperlich versehrt und bei Minusgraden und absoluter Windstille draußen zu Hause auf dem Sofa, am Schreibtisch oder wo man auch immer seine Ruhe findet, großen Sport erleben kann. Wobei – zugegebener Weise – der körperliche Aspekt wie oben schon angemerkt bei diesem Sport eher vernachlässigt werden kann. So fand sich also am Sonntag den 7.1.2024 ein Großteil der besten e-Segler Deutschlands virtuell zusammen, um zu eruieren welcher von ihnen die Pixel in Bootsform am zügigsten um die Bahnmarken gesteuert bekommt. Gestartet sind dann am Ende 28 Segler, denn nicht jeder der qualifiziert war hatte gemeldet.

Trotzdem war ich beeindruckt von der Teilnehmerliste.

Mit dabei waren beispielsweise mit Lukas Feuerherdt im realen Leben 2015 Deutscher Meister im Laser (vor Philipp Buhl) und Ligasegler für den Blankeneser Segelclub, Jonathan Koch vom Bodensee Yacht-Club Überlingen, ebenfalls in der Segelbundesliga unterwegs und Peter Gather, aus Krefeld (Segelklub Bayer Uerdingen) sämtliche deutschen Meister der Vorjahre am Start.

Da ich wusste, dass ich im Bootshandling und im direkten Zweikampf Boot gegen Boot den oben genannten Kollegen unterlegen bin, bin ich in diesem Jahr ganz entspannt mit dem Ziel Spaß zu haben und die Herren vorn gelegentlich ärgern zu können an den Start gegangen, und mich aus Zweikämpfen nach Möglichkeit herauszuhalten. Dies hat auch ganz gut funktioniert, soviel sei vorweg genommen.

Das erste Rennen wurde im Laser ausgesegelt. Hier konnte ich recht frei starten und habe solide einen guten 2. Platz ins Ziel bringen können, hinter Peter Gather. Jonathan lief auf Platz 4 ein. Im Laser fühle ich mich recht wohl, von daher hat mich das Ergebnis an dieser Stelle noch wenig überrascht.

Für Rennen Nummer 2 war die J70 angesetzt. Ein wenig mein Angstboot. Mit einem Frühstart bin ich auch unglücklich ins Rennen gestartet, musste zurück über die Startlinie und hing erst einmal am Tampen, konnte mich aber langsam immerhin noch auf Platz 12 vorarbeiten. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch recht motiviert, denn einen Streicher hatte man in der Serie, allerdings diesen gleich im zweiten Rennen zu fahren konnte nicht der Plan sein. Im anschließenden 49er-Rennen lief es dann wesentlich besser. Gleich nach dem Start frei links raus in den Druck, mit einem schönen linksdreher umgelegt und deutlich vorn ans Luvfass.

Auf der linken Seite in der Böe – die Grundlage für den Sieg im 49er. © Twitch Stream Till Krüger.

So wünscht man sich das. Bester Start und dann vor dem Feld pendeln. Durch die gute Position aus der ersten Kreuz konnte ich den Lauf ungefährdet nach Hause fahren. Vielleicht geht ja doch was? Das Treppchen? Doch diese Hoffnung legte sich schnell.

Das nächste Rennen sollte im Nacra stattfinden. Eigentlich eines der Boote die mir liegen. Schnell und spaßig über den Kurs zu zirkeln. Aber in dem Rennen war der Wurm drin. Zum Start stand der Wind ganz links, und ich hatte am Pinend eine Lücke ausgemacht. Steuerbordstart vor dem Feld war der Plan. Mutig. Und wäre auch fast aufgegangen. Fast. Denn leider bekam das Spiel bei diesem Lauf Schluckauf, wie er selten, aber doch gelegentlich mal auftritt. Beim Annähern an die Startlinie bekam ich vom Spiel einen Frühstart reingedrückt, obwohl ich noch deutlich vor der Linie war.

Der Frühstart der keiner war – es waren mehrere Boote betroffen. Glücklicherweise für mich final ohne Relevanz. © Twitch Stream Till Krüger.

Also wieder zurück und hinter dem Feld hinterher dackeln. Langsam fuhr ich mich wieder nach vorn und muss dann bis zur ersten Leebahnmarke irgendwo im Mittelfeld gelegen haben, als die Tonnenrundung nicht als solche gewertet wurde. Dies fiel mir aber viel zu spät auf, und nachdem ich zurück fuhr um die Marke erneut zu runden lag ich mit Abstand auf Platz 21, ohne Chance die Platzierung zu verbessern. Na super. Nun also ein „echtes“ Streichergebnis. Damit war ich wohl aus dem Rennen.

(Wie sich später herausstellte hatte ein Großteil der Segler in diesem Lauf dieses Problem, aber die Kollegen konnten damit offensichtlich besser umgehen)

Das folgende Rennen wurde im Starboot ausgesegelt. Eigentlich gar nicht mein „Ding“, langsam, und ein riesiger Windschatten vor dem Wind, so dass das Feld immer wieder eng zusammenrückt und viele Zweikämpfe zu erwarten waren. Aber irgendwie konnte ich wieder sehr gut starten. Diesmal nach links raus, frei segeln und ganz vorn an die Luvmarke kommen. Das Rennen konnte ich auch nach Hause segeln. Überraschend. Als ich dann im sechsten Lauf im Offshore-Racer (TP52) ebenfalls auf einen 2. Platz segeln konnte, war ich auf einmal wieder dran. Peter Gather und Jonathan Koch alias „Joni“ waren wesentlich konstanter gesegelt, hatten aber eben keinen so hohen Streicher wie ich.

Es kam dann doch etwas Nervosität auf, und nach dem letzten, durchwachsenen Rennen der Vorserie, gesegelt auf einer Fareast 28R, lag ich auf Platz 3.

Podiumkurs, aber ganze 8 Punkte hinter den punktgleichen Jonathan und Peter; und nur einen Punkt hinter mir lauerte Lukas auf meinen Platz auf dem Podium.

So ging es in das Medalrace. Für mich waren die Jungs vorne gefühlt uneinholbar. Bei dem Vorsprung sind sie einfach zu gut, um diesen herzuschenken.

Also den dritten Platz sichern.

Allerdings kam es anders. Joni und Peter waren punktgleich und voll aufeinander fokussiert. So kam es, dass beide in der Vorstartphase quasi ein Matchrace fuhren, und als Resultat beide einen Frühstart hinlegten. Was ich an dieser Stelle nicht bemerkte war, dass Lukas ebenfalls zu früh über die Linie war.

Peter Gather (ESG 777) Lukas Feuerherdt (UOL Luksen) und Jonathan Koch (UOL Roxyjoni) eilen nach einem Frühstart im entscheidenden Medal Race dem Feld hinterher. © Twitch Stream Till Krüger.

So lag ich an der ersten Marke auf einem dritten Platz und kurze Zeit später, nach der Entscheidung für die richtige Marke am Leegate, plötzlich auf 1.

Nach richtiger Entscheidung für am Leegate und knapper Passage der Boundary auf Platz 1. © Twitch Stream Till Krüger.

Da fiel mein Blick dann zum ersten Mal auf die aktuelle Rangliste des Laufes. Meine drei Gegner – alle ganz hinten. Und es dämmerte mir. Das Medalrace zählt doch doppelt! Ich konnte jetzt nicht mehr tun, als Jonathan und Peter dabei zuzusehen, wie sie sich langsam nach vorn arbeiteten. Peter lag zwischenzeitlich auf Rang 4. Das wäre es dann fast gewesen. Aber nach einem Penalty fiel er wieder zurück, und ich fuhr als erster über die Linie. Meine direkten Gegner liefen auf den Plätzen 6, 7 und 8 ein.

Das war haarscharf.

Peter Gather (ESG 777) auf Platz 4 und ganz nah am Titel. © Twitch Stream Till Krüger.

 

Der entscheidende Penalty für Peter an der vorletzten Bahnmarke. „SliderKlaus“ (Jasper Scholz, SVMG) mit Innenposition. © Twitch Stream Till Krüger.

Finale Reihenfolge:

1.     Johannes Bahnsen, 28. Punkte

2.     Peter Gather, 32 Punkte,

3.     Jonathan Koch, 34 Punkte

Das finale Ranking!

Bericht: Johannes Bahnsen

Wir gratulieren Johannes zu dieser herausragenden Leistung und hoffen auf weitere Erfolge dieser Art in der bevorstehenden Saison auch auf dem Wasser!
Johannes Bahnsen ist seit seiner Jugend im HSC und ersegelte mit seinem Team seit Start der Bundesliga einige super Platzierungen für das HSC-Team und ist auch in anderen Bootsklassen sehr erfolgreich. Bei der Javelin-EM im letzten Jahr wurden Johannes und sein Sohn Fiete (12 Jahre alt) 6. – und das mit dem mit Abstand ältestem Boot der Flotte!

© DSBL Lars Wehrmann, Von links Bende, Lennart, Karl & Johannes

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