Sommer 2019, wir sitzen bei Sonnenschein auf dem Balkon bei Kaffee und Kuchen und planen für die Saison 2020, wo wir unsere Heureka bekommen, was wir so alles brauchen und wohin es gehen könnte.

Es schellt, der Postbote bringt die neue Ausgabe von der Yacht. Schnell blättern wir die Seiten durch und bleiben fasziniert bei einem kleinen Artikel hängen: „Zwei Mann Crew gewinnt die MidsummerSail in nur 5 Tagen“, darunter ein Foto vom Ehepaar Prieß, wie sie auf der gelben Tonne in Töre stehen, links neben ihnen ihr Boot, eine Judel Vrolijk one off 40 Fuß Konstruktion.

Ok, ein schnelles Schiff mit erfahrenen Seglern, hatte die ca. 900 sm lange Strecke vom südlichsten Punkt der Ostsee in Wismar bis zum nördlichsten Punkt der Ostsee in Töre bei optimalen Wetterbedingungen nonstop abgesegelt. Was für eine Tour und Erlebnis – das wollen wir auch machen!!!

Gedacht, gesagt und getan. Nach viel Planung, Vorbereitungen, Verschiebung durch Corona u.a. konnten wir dieses Jahr 2023 starten. Mit an Bord unsere beiden Segelfreunde Michi aus Lübeck und Harald aus Hamburg.

Am Wochenende vor dem Start wurde Heureka in Burgtiefe beladen mit dem Equipment für die Regatta und überführt nach Boltenhagen. Dort haben wir noch das Unterwasserschiff geschrubbt, Takellage überprüft, extra Wasser in Kanistern gebunkert und Proviant verstaut. Sehr gut war das Paket mit sterilisiertem Brot von Wolfgangs Familie. So hatten wir die gesamte Reise frisches Roggen- und Vollkornbrot.

Alle waren inzwischen an Bord und wir konnten einen gemeinsamen Probe- und Übungsschlag in der Wismarer Bucht machen. Am Dienstagabend war dann die Eröffnung in der Marina Weiße Wiek. 86 Mannschaften versammelten sich und lauschten dem Wetter Briefing von Sebastian Wache von Wetterwelt. Danach gab es am Hafen ein Welcome Treffen mit Grill, Bierstand und Feuerwerk.

Mittwoch, 21. Juni, Midsummer!!! Es geht los. Der Start erfolgt in drei Gruppen in der Einfahrt zum Hafen von Wismar zwischen den beiden Schwedenköpfen. Obwohl es dort eng und schmal ist, gab es zum Glück kein großes Gedrängele an der Startlinie. Wir hatten den zweiten Start mit 30 Booten um 13.15 Uhr und sind gut weggekommen.

Mit halbem Wind und herrlicher Brise bei Sonnenschein ging es aus der Bucht hinaus. Schon nach 90 Minuten konnten wir den Spi setzen und so zügig entlang der Küste Kurs Bornholm segeln. In der ersten Nacht brauchten wir noch die Stirnlampen, aber ein Lichtschweif zog sich am Horizont von West nach Ost.

Am nächsten Tag waren wir um 13.15 Uhr gespannt auf unser erstes Tages Etmal: 165 sm, nicht schlecht für den Anfang. Ein Blick auf den Plotter sagt uns auch, dass wir gut vorne im Feld mitmischten. Also weiter so unter Spi. Und er zog und zog uns weiter gen Norden, noch den ganzen Donnerstag und Freitag (Etmal 160 sm).

In der Nacht vom 23. auf den 24. Juni war es unterhalb der schwedischen Küste Höhe Öxlesund erst einmal vorbei mit dem Spi und die Fock kam raus. Aber alle Manöver easy zu fahren – es wurde nicht mehr dunkel.

Tagsüber ging es am Stockholmer Schärengarten vorbei und zur Enge zwischen Schweden und den Aland Inseln, welche wir in der Nacht bei Dämmerlicht passierten. Danach die große Frage, wie geht es jetzt am besten weiter, linke Seite Schweden oder rechte Seite Finnland. Aufgrund der Nähe zum Land gab es guten Empfang für die Handys, so dass Wolfgang sich für sein eigenes Wetter Routing die Grip Daten laden konnte. Danach hieß es auf zur finnischen Küste. Der Wind wurde flauer und wir kreuzten die Küste entlang.

In der Nacht überrollte uns 3 Stunden eine Seenebelbank. Da es nicht dunkel wurde, nicht ganz so schlimm. Nun wussten wir es zu schätzen „… egal was passiert, wir kommen im Hellen an!!!“.

Die nächsten Tage wurde es hochsommerlich warm, am Tage mit flauen und drehenden Winden. Viele Segelwechsel beschäftigten uns. Da es immer Hell war, kamen wir allmählich mit der Uhrzeit durcheinander. Selbst um Mitternacht war alles klar zu sehen. Langsam quälten wir uns durch die letzte Enge bei Norra Kvarken. Leider wurden wir dabei von der leichten X 34 Hax?n Mary überholt. Um die Mittagszeit dann die Ernüchterung bei 0 kn Wind 0 kn Speed auf der Anzeige. Also alles ausprobieren, an allen Schoten zupfen und nicht die Geduld verlieren. Endlich am Nachmittag kam eine leichte Brise auf, der Spi ging hoch und Heureka nahm wieder Fahrt auf und fuhr in die letzte helle Nacht der Regatta. Als neuen Gegner hatten wir die zweite Dehler 30 od Tutto Bene, sie war für uns in Schlagdistanz gekommen, da sie an der schwedischen Seite zu viel kreuzen musste.

Gegen Mittag des 29. Juni erreichten wir die Einfahrt zum Fjord nach Töre. Noch schnell ein erfrischendes Bad, im quasi Süßwasser, in der letzten Flaute, ehe es hochkonzentriert durch die enge Schärenwelt ging. Wir wählten einen Kurs durch etwas breitere Durchfahrten, während die Dehler weiter westlich von uns ihr Glück versuchte, teilweise lagen wir gleichauf. Genaue Navigation und die richtigen Segel standen auf dem Plan – wir waren alle angespannt und aufgeregt.

Um 16.46 Uhr war es vor der Tutto Bene geschafft, Ziellinie überquert und wir konnten auf der berühmten gelben Tonne stehen nach

 

8d 3 h 31m 17 s und 959 sm

…was für ein Gefühl und das als 9tes Schiff von 86 gestarteten Teilnehmern. Wir waren überwältigt!!!! Damit hatten wir den nördlichsten Punkt der Ostsee erreicht.

Am Steg gab es einen herzlichen Empfang von der Wettfahrtleitung und den anderen Teilnehmern. Abends trafen sich alle nach einem heftigen Gewitter ab 22 Uhr im Gastraum vom Campingplatz, gleichzeitig Havn Krog. Die Wirtin stellte uns Getränke hin, sie wollte ins Bett. Wir sollten später nur die Türe schließen.

Den nächsten Tag verbrachten wir mit Aufklaren und unsere Kiste aus zu packen. Die war vollgepackt mit Getränken und Equipment für die Rückreise, wie Schlauchboot, Außenbordmotor und vieles anderes. Wir hatten die Kiste per Spedition zum Campingplatz schicken lassen. Die anderen Teilnehmer schauten ganz neidisch zu, denn nun war unser Biervorrat gesichert. Dank eines herrlichen Abends wurde in großer Runde gegrillt und die Erlebnisse ausgetauscht.

Für uns hieß es am nächsten Tag, den 1. Juli, Abschied zu nehmen und nach Lulea zu segeln, wo der erste Crew Wechsel anstand.

Es waren erlebnisreiche und erfahrungsreiche Tage. Was hatte sich bewährt? Vieles, wobei hervorzuheben ist, das Wetterrouting von Wolfgang, die Stromlieferanten Solarzelle und Hydrogenerator (bis er leider ausfiel), die Salzwasser Pumpe (hat erheblich Süßwasser gespart), Kaffee kochen mit French Press, vorgekochtes Essen für 4 Tage (so brauchte man immer nur einen Topf und hatte einen Imbiss für den nächsten Tag) und last but not least das Brot von Goeken Backen.

 

Julia Pechstein und Wolfgang Goeken

Conger Heureka
Faurby Heureka

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