Auf dem Foto seht ihr mich auf meinem Lieblingskurs. Downwind, Gennaker, viel Druck und richtig losgleiten! Seit nun vier Jahren segel ich im olympischen 49erFX, ein sportliches und schnelles Boot, das mir in den vergangenen Jahren schon einiges abverlangt hat, mich aber noch viel mehr zum Strahlen gebracht hat. Nun möchte ich gerne von meiner ersten Saisonhälfte dieses Jahres berichten. Denn für mich war dieses Jahr seglerisch ein ganz besonderes. 

Schon als ich klein war, segelte ich am liebsten die ganze Zeit und entwickelte schnell hohe Motivation für Regatten. Im HSC war ich in der Teeny-Gruppe und war direkt begeistert davon, auf meinem Boot noch eine Teampartnerin zu haben. Aber ich wollte bald noch schneller über das Wasser segeln und stieg daher in den 29er um und schließlich in den 49erFX. Ich war ehrgeizig und trotz meines Quereinstiegs in den Leistungssport wollte ich unbedingt in den Bundeskader. Denn ich wusste, das könnte meine Chance sein auch weltweit als Seglerin im 49erFX Anschluss finden zu können. Genauso wollte ich die Aussicht auf eine Teilnahme bei den Olympischen Spielen haben. 

Dieses Jahr war es endlich soweit! Meine Segelpartnerin Carolina Horlbeck aus dem LYC und ich hatten vergangenes Jahr in Gdynia bei der Junioren Weltmeisterschaft das Kaderkriterium für den höchsten Nachwuchskader gefahren. Damit konnten wir uns seit diesem Jahr Mitglieder des German Sailing Teams nennen. Es folgte eine Saison, in der ich so viel gesegelt bin wie nie zu vor, in der ich so viel gelernt habe wie nie zu vor und in der ich so viel gekämpft habe wie nie zuvor. 

Los ging das Jahr mir einem Trainingslager auf Lanzarote. Wir waren den ganzen Winter dort und segelten fast jeden Tag. Nach der langen Coronazeit war es das erste Mal seit langem, dass meine Trainingsgruppe und ich im Winter wieder an einem anderen Ort trainieren durften. Das hieß, dass wir endlich nicht mehr in Kiel bei Schneeregen halb erfrieren mussten, um aufs Wasser gehen zu können. Wie konnten wir das genießen! Aber es war auch eine anstrengende Zeit. Ich stand früh vor dem Training auf, um schon etwas für die Uni zu machen und auch nach dem Segeln erwartete mich noch eine weitere Sporteinheit. Wir konzentrierten uns im Training vor allem auf Manöver: viele Halsen, viele Wenden, oft Abfallen. Was für Segler und Seglerinnen zum Einmaleins gehört, ist im 49erFX – gerade sobald viel Wind und Welle ist – gar nicht mehr so einfach. Daher waren auch einige Kenterungen neben den sehr anstrengenden Einheiten mit im Programm. Mit uns waren noch einige andere internationale Seglerinnen vor Ort, die wir auch bald auf Mallorca, zur großen Princess Sofia Regatta wieder treffen sollten. Dies war unser nächster Stop und der erste WorldCup des Jahres. Wir genossen es, uns mit vielen anderen messen zu können und weitere Regattaerfahrungen zu sammeln. 

Nach dieser ersten großen Regatta war es auch endlich in Kiel wieder warm genug. Als gebürtige Hamburgerin segelte ich früher immer auf der Alster. Aber ich zog nach der Schule für das Segeln nach Kiel, um dort das größere Revier und die Infrastruktur des DSVs nutzen zu können. Das folgende Wochentraining in Kiel war für mich daher Heimtraining. Vormittags war ich meist in der Uni und danach ging es in den Kraftraum und schließlich aufs Wasser.

In Kiel erwarteten wir die Lieferung der neuen 3Di-Segel, die für die 49er-Klassen entwickelt wurden. Allerdings verspätete sich ihre Ankunft sehr, sodass wir die zweite große Regatta des Jahres – den Worldcup in Almere –  auch noch mit dem alten Material segeln mussten, während viele andere Teams schon die neuen Segel hatten. Aber wir geduldeten uns weiter und erhielten endlich kurz vor der Kieler Woche den Satz Segel und begannen direkt uns mit ihm vertraut zu machen. Während wir einerseits bemerkten, dass sich das Boot mit den neuen Segeln viel ruhiger und stabiler fuhr, fiel uns andererseits das Beschleunigen noch schwer. Wir wollten daher jede Möglichkeit nutzen, um uns an die insgesamt wohl schnelleren neuen Segel zu gewöhnen, bevor wir zu unserem Saisonhöhepunkt, der Junioren Weltmeisterschaft fahren würden. 

Da machte uns leider Corona einen großen Strich durch die Rechnung. Eigentlich standen im Juni die Kieler Woche und die Europameisterschaft in Aarhus an. Für uns zwei sehr wichtige Regatten. Allerdings bekamen wir leider trotz größter Vorsicht Corona und konnten wie auch viele andere Segler:innen die Kieler Woche nicht zu Ende segeln und die direkt darauf folgende Europameisterschaft gar nicht erst starten. Auch wenn es sehr schwer fiel, sich wirklich auszukurieren, nahmen wir die ersten sportlichen Aktivitäten erst wieder auf, als wir uns wieder vollkommen gesund fühlten.

So kam es, dass wir nachdem wir fünf Monate eigentlich nichts anderes getan hatten als zu segeln, zu unserem wichtigsten Wettkampf – der JWM am Comersee – fuhren und über einen Monat nicht auf dem Wasser waren. Wir fühlten uns unsicher und waren nicht selbstbewusst. Glücklicherweise hatten wir noch eine Woche Vortraining auf dem Revier eingeplant und konnten uns schnell wieder mit dem Boot vertraut machen. Ich merkte allerdings dennoch, dass ich lange keinen Sport hatte machen können und weniger fit war, als die gesamte Saison. Aber für uns war klar, wir würden unser Bestes geben! Als Trainerin begleitete uns nicht unser sonstiger Trainer Kolja Völkers, sondern die eingesprungene Silke Basedow. Silke kannte ich schon aus dem HSC und daher fühlte es sich für mich direkt vertraut an. Sie konnte uns sehr gut motivieren. 

Insgesamt konnten wir in einigen Rennen gut vorne mitsegeln, allerdings sammelten wir auch ein paar mal höhere Punktzahlen. Die Tage waren lang und verlangten viel Konzentration und Durchhaltevermögen, auch die Hitze machte uns zu schaffen. Aber vor allem machte es total Spaß gegen so viele Boote zu segeln und das Revier immer besser zu verstehen. Auch wenn wir am letzten Tag nicht mit unserem Speed und Einzelergebnissen zufrieden waren, war es ein tolles und lehrreiches Event, welches wir als 14. U23 Frauenteam der Welt beenden konnten.

Nach einer kleinen Pause stand für mich nun eine wichtige Hausarbeit in der Uni an. Während dessen konzentrierte ich mich auf das Krafttraining an Land, um wieder eine gute Grundlage für das sportlich anspruchsvolle Segeln zu schaffen. Jetzt geht es aber erst mal wieder in Kiel auf das Wasser. Ich freue mich schon sehr auf die nächsten Segeleinheiten und den Rest der Saison! Denn egal wie anstrengend oder auch mal enttäuschend es ist, das Gefühl in der Natur zu sein und den Wind und das Wasser zu spüren gewinnt. Das Segeln bringt mich immer zum Strahlen. 

Insgesamt war es für mich ein weiter Weg, um so viel Segeln gehen zu können und damit in dem besser zu werden, was ich am allerliebsten mache! Ich bin allen dankbar, die mich hierbei besonders gefördert haben und ich freue mich immer über weitere Unterstützer aus dem HSC, die Interesse an meinem Projekt haben.

Eure Charlotte Henkel
GER 345 – 49erFX

Fotos: Sebastiano Galetti

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